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Der Naturburschenbeweis

Naturbursche? Oder eh schon zivilisationsverzärtelt? Jeden Meter mit dem Auto fahren aber trotzdem Naturbursche sein? Genauso wie die Sportler – untertags kein Schritt zu viel, aber nach der Schicht auf’s Mountainbike schwingen weil man sonst keine Bewegung hat?

Der Naturburschenbeweis muss wieder her, rasch. Am besten empfiehlt sich dazu das brocken (pflücken) der nur in einigen steilen Felswänden beheimateten Edelweiße. Stopp: brocken ist heutzutage verboten glaub ich, dann fotografieren wir sie halt. Das Edelweiß hat aus unserer Geschichte einen besonderen Mythos – immer wieder mussten meist junge Burschen auch bei uns im Tal das Leben für die Königin unter unseren Alpenblumen lassen. Der Hiatabua für seine Liebste oder der Jäger für seine Sennerin sind beim Edelweiß brocken abgestürzt. In unserem Volksliedschatz heißt es dann so:

1. Das schönste Bleamal auf der Welt
Das ist das Edelweiß.
| Es blüht versteckt an steiler Wand,
Ganz zwischen Schnee und Eis. |

2. Das Dirndl zu dem Buben sprach:
Solch‘ Sträußlein hätt‘ ich gern,
| Geh, hol‘ mir so ein Blümelein
Mit so ein‘ weißen Stern. |

3. Der Bub, der ging das Blümlein
Hol’n im selben Augenblick.
| Der Abend sank, der Morgen graut,
Der Bub kehrt nicht zurück. |

4. Verlassen liegt er ganz allein,
An steiler Felsenwand.
| Das Edelweiß, so blutig rot,
Hält fest er in der Hand. |

5. Und Bauernbuben trugen ihn
Wohl in das Tal hinab,
| Und legten ihm ein Sträußelein
Von Edelweiß auf’s Grab. |

6. Und wenn des Sonntags in dem Tal
Das Abendglöckchen läut’t,
| Dann geht das Dirndl an sein Grab,
Hier ruht mein einz’ger Freund. |

In welchem Aufzug erscheint man nun zu so einem Naturburschenbeweis? Kurze Lederhose ist sowieso klar (die tragen wir sonst auch meistens und das ist sehr schön so). „Büchse“ werden jetzt einige sagen. Das wär natürlich dann das Über-Drüber. Aber der österreichische Gesetzgeber sieht das nicht so gern. Daher führen wir ersatzweise den Bergstock (heißt „Daglstecken“ bei uns) mit. Man hängt unheimlich an so einem Bergstock, das wär direkt eine eigene Geschichte wert. Meist zusammen schon viel riskiert, was man da schon alles unternommen und erlebt hat und doch ist er verschwiegen wie ein Grab. Das bindet ungemein. Außerdem ist er eine schöne Hilfe in den Bergen. Es gibt verschiedenste Verwendungs- und Tragevarianten, einige sind unten abgebildet. Mein „Model“ dazu ist übrigens das Paradebeispiel eines Naturburschen und keine verzärtelte Lightversion. Alles echt bis in die letzte Faser.

So, fertig adjustiert. Dann zu Fuß in die heimatlichen Berge. Als gelernter Einheimischer weiß man die geheimen Plätze ganz oben in den Felswänden wo die Edelweiß wachsen. Emotional vorbereitet auf Kriechtierkontakt. Auch hier leistet der Bergstock notfalls als vorab Aufscheucher gute Dienste. Erschrecken ist im Edelweißrevier nämlich mit Lebensgefahr bedroht und daher strengstens verboten. Wenn man die Felswand nach oben greift und plötzlich einen Strick in der Hand hält der mit Leben erfüllt zu sein scheint ebenfalls. Aber hier heroben wo’s am unwegsamten ist sind die schönsten Sterne. Ein Stock mit 22 Blüten! Es fällt nicht leicht kein’s mitzunehmen für die Sennerinnen oder für andere liebliche Wesen.

Die Tritte beim Zurücksteigen werden etwas unsicher, auch ausrutschen und abkugeln ist hier strengstens untersagt. Anxt etwa? Absurd, dieses Wort können wir nicht einmal schreiben, wir sind ja alles Naturburschen! Schweiß tritt unter dem Hut hervor, muss ganz schön heiß sein heute. Jetzt noch den Ausstieg Richtung Gipfel finden, dann ist das Schlimmste vorbei. Hätt ich bald „Schlimmste“ geschrieben. Das gibt es in unserem Naturburschenwortschatz nicht, sind ja in den Bergen aufgewachsen und trittsicher wie Gämsen.

Abgesehen von der bodennahen Tierwelt ist es hier einzigartig – die bodennahe zwar auch, aber bitte nicht in meiner Anwesenheit. Pflanzen blühen in allen Farben, die meisten so schön und selten, dass sie geschützt sind. Und alle sind in unseren heimatlichen Bergen zuhause.

Der Naturburschenbeweis ist gelungen – war alles nichts dabei. Fast nichts. Gut, ein bisschen mulmig war es schon. Dann werden wir das ganze in den umliegenden Almhütten abschließen. Da können wir uns noch einmal ganz schön beweisen, auf trittsicherem Boden, kriechtierfrei. Ohne Absturzgefahr. Fast.

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